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RP2: Modellierung in silico und in vitro

RP2a: In silico prediction of consequences of cholestasis-associated mutations

Prof. Holger Gohlke
Computational Pharmaceutical Chemistry and Molecular Bioinformatics
Heinrich Heine Universität Düsseldorf

Innerhalb dieses Teilprojektes werden neue Missense-Varianten analysiert, die über NGS identifiziert wurden (siehe RP1). Innerhalb des in silico-Teils von RP2 werden dafür 3D-Proteinmodelle erstellt, entweder auf Basis von existierenden experimentell-aufgelösten Strukturen (z.B. für das MDR3-Protein, siehe Fig. 1) oder auf Basis von modernen Strukturvorhersagemethoden (AlphaFold, TopModel). Da Proteine inhärent dynamische Systeme sind, werden die Auswirkungen der einzelnen Aminosäureaustauschvarianten in Moleküldynamik-Simulationen analysiert. Der Einfluss der Variante kann so im strukturellen Umfeld innerhalb des Proteins beobachtet werden.

Außerdem wurde innerhalb des Projektes ein maschinelles Lernen-basiertes Programm zur Klassifizierung neuer, unbekannter Varianten im MDR3 Protein entwickelt. Das Programm, Vasor, basiert auf einem Datensatz an bekannten benignen und pathogenen Varianten und Informationen verschiedener sogenannter Features zu jeder dieser Varianten. Diese Features sind Vorhersagewerte anderer etablierter Vorhersageprogramme (z.B. EVE oder PolyPhen-2) sowie zusätzliche Features zu den Eigenschaften der jeweiligen Variante (z.B. Einfluss auf die Sekundärstruktur oder Einfluss auf post-translationale Modifikationen). Auf der Basis der Informationen dieser Features kann Vasor neue Varianten in benigne oder pathogene Varianten klassifizieren. Hierbei zeigt Vasor eine überlegene Performance (Matthews correlation coefficient: 0.80, F1-Score: 0.90 auf einem externen Testset) gegenüber integrierten und einem externen Vorhersageprogramm unter der Berücksichtigung, dass Vasor Vorhersagen für alle Aminosäuresubstitutionen innerhalb des MDR3-Proteins ermöglicht (siehe Fig. 2). Das Programm Vasor kann unter https://cpclab.uni-duesseldorf.de/mdr3_predictor/ genutzt werden. Es zeigt dem Nutzer neben der Vorhersage auch die Position der Variante innerhalb der 3D-Struktur des Proteins an. Die Nutzung von Vasor sollte im Einklang mit den ACMG-AMP Richtlinien erfolgen; wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die erhaltenen Vorhersagen keine klinische Diagnose bedeuten. Die wissenschaftliche Publikation von Vasor ist in Hepatology Communications erschienen:
Hepatology Communications: "Vasor: Accurate prediction of variant effects for amino acid substitutions in MDR3" von Annika Behrendt et al.

Abb. 2: Heatmap der Vorhersagen des Programmes Vasor für Aminosäuresubstitutionen innerhalb des MDR3-Proteins. Oberhalb der Heatmap sind jeweilige Domänen und wichtige Motive des Proteins markiert sowie die Sekundärstruktur (α-helikale Sequenzen als grüne Zick-zack Kurven, β-Faltblatt-Sequenzen als orangefarbene Pfeile). Die Vorhersagen für jede Position innerhalb des MDR3-Proteins (aufgetragen auf der x-Achse) und jede mögliche Substitution (y-Achse) sind farbkodiert von wahrscheinlich benignen (blau) zu wahrscheinlich pathogenen Austauschen (rot).

 

 

 

RP2b: Analyse patientenspezifischer Mutationen in vitro in spezifischen Zellsystemen

Während für einige klassische Cholestase-assoziierte Gene funktionale in vitro-Assays zur Verfügung stehen, ist eine funktionale Analyse von Mutationen in den anderen bei Cholestase betroffenen Genen noch nicht etabliert.
Um diese Lücke zu schließen, werden in dem in vitro-Teil von RP2 geeignete funktionale Assays entweder etabliert oder vollständig von Grund auf entwickelt.
Beispielsweise kann dank eines etablierten Reportergen-Assays (Luciferase) die Auswirkung von pathologischen Missense-Mutationen im Farnesoid X Rezeptor (FXR, NR1H4) auf seine Funktion als Transkriptionsfaktor für BSEP/ABCB11 hin untersucht werden.
Ein anderes Beispiel ist die sehr seltene Antikörper-induzierte BSEP-Defizienz (AIBD), die nach Lebertransplantation aufgrund PFIC-2 entstehen kann, und für die eigens ein zellbasiertes Assay zur funktionalen Diagnostik entwickelt wurde. Bei der AIBD bildet der Körper des Transplantatsempfängers Antikörper gegen das in der Spenderleber enthaltene "Fremdantigen" BSEP, die dessen Funktion als Gallensalztransporter hemmen.
 

Beispiele für funktionale Analyse von Patientenmutationen in vitro:

Verantwortlichkeit: